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Ethik

 

OPAR Zusammenfassung

Kapitel 8: Tugenden

 

 

Der Objektivismus identifiziert sechs zusammenhängende Tugenden, die benötigt werden, die umfassende Tugend der Rationalität auszuüben. Dieses Kapitel definiert diese Tugenden und auch die primäre Untugend, die sie zerstört. [250]

 

 

Unabhängigkeit ist die primäre Orientierung gegenüber der Realität, nicht gegenüber anderen Menschen

 

Unabhängigkeit kann definiert werden als „die Akzeptanz der Verantwortung seine eigenen Urteile bilden zu müssen und von der Arbeit seines eigenen Verstandes zu leben.“ Eine Person, die alleine auf einer einsamen Insel lebt, müsste Unabhängigkeit ausüben oder sie würde zugrunde gehen. Im Prinzip ist ein unabhängiger Mensch in der Gesellschaft so alleine, wie er es auf einer einsamen Insel sein würde, weil er das Existenzprimat in allen Situationen als Absolutum anerkennt. Im Gegensatz dazu, lebt eine abhängige Person durch andere oder unter anderen, und akzeptiert das Bewusstseinsprimat als Absolutum. Daher bedeutet Einsamkeit für eine abhängige Person den Tod. In einer freien Gesellschaft können unabhängige Erzeuger den Vorteil der Arbeitsteilung genießen, indem sie ihre Produkte und Dienstleistungen spezialisieren und miteinander, zum Nettovorteil aller beteiligten Parteien, handeln. Diese Interdependenz sollte nicht mit Abhängigkeit verwechselt werden. Die Abfolge der Produktivitätsentwicklung einer Person in einer solchen Gesellschaft ist: Abhängigkeit (als kleines Kind), dann Unabhängigkeit (eine notwendige Tugend für die Rationalität) und schließlich Interdependenz (der gegenseitige Nutzen des Handels zwischen unabhängigen Erzeugern). [251]

 

 

Integrität ist die Loyalität gegenüber rationalen Prinzipien

 

Integrität kann als „Loyalität im Handeln gegenüber seinen Überzeugungen und Werten“ definiert werden. Es ist die Tugend, aus rationalem Prinzip als Absolutum zu handeln. Eine Person mit Integrität lernt die korrekten Lebensprinzipien und folgt ihnen dann ohne Rücksicht auf ungerechtfertigte Proteste seitens entweder seine eigenen oder fremder Leute Emotionen. Integrität basierend auf rationalen Prinzipien zu praktizieren, führt zur Selbsterhaltung, während der Versuch Integrität basierend auf mystischen Prinzipien zu praktizieren, zur Selbstzerstörung führt und damit zu der Überzeugung, dass Integrität in der echten Welt unmöglich ist. Ein Kompromiss ist nur dann gültig, wenn Konzessionen im Rahmen rationaler Moralprinzipien gemacht werden, die beide Parteien akzeptieren, z.B. wenn ein Käufer und ein Verkäufer den Preis eines Artikels aushandeln. Ein Kompromiss ist dann nicht valide, wann rationale Moralprinzipien auch nur geringfügig eingeschränkt werden müssten, z.B. wenn ein Mann einem Einbrecher großzügig „nur einen Teil der Ware“ gibt, die der Einbrecher zu stehlen kam. [259]

 

 

Ehrlichkeit ist die Ablehnung der Unwirklichkeit

 

Ehrlichkeit kann definiert werden als „die Weigerung, Realität vorzutäuschen oder zu behaupten, dass die Fakten andere sind, als sie es sind.“ Es ist eine rationale Tugend, weil Verstellung metaphysisch impotent ist, d.h. Verstellung kann ein Seiendes weder auslöschen noch erschaffen. Ein Betrüger, der leichtgläubige Leute darin übertölpelt, ihm seinen Lebensunterhalt zu verschaffen, arbeitet gegen sein Eigennutz indem der in die Falle des Bewusstseinsprimats tappt und von seinen Opfern abhängig wird. Die Begehung einer Untugend (wie etwa zu lügen), um einen Wert (wie etwa ein Einkommen) zu erlangen, macht den Erwerb des Werts ungültig. Mit anderen Worten, der Zweck rechtfertigt nie die Mittel, wenn diese Mittel irrational sind. Weil der ultimative Wertmaßstab das individuelle Menschenleben ist, sind moralische Prinzipien innerhalb ihres korrekten Kontexts absolut. Daher ist lügen, um Geld von einer ehrlichen und produktiven Person zu erhalten, moralisch nicht richtig, während zu lügen, um seine Kinder vor Entführern zu schützen, moralisch richtig ist. [267]

 

 

Gerechtigkeit ist Rationalität in der Bewertung von Menschen

 

Gerechtigkeit kann definiert werden als „die Tugend, den Charakter und das Verhalten der Menschen objektiv zu beurteilen, und sich dementsprechend zu verhalten, jeder Person das gebend, was sie verdient.“ Es ist das Festhalten am Händlerprinzip. Ihre Aufgabe ist es, die Tugenden der Menschen zu sanktionieren, während sie ihre Untugenden verdammt, um so gutes (lebensförderliches) Verhalten zu ermutigen und böses (lebenszerstörendes) Verhalten zu entmutigen. Gerechtigkeit erfordert den Einsatz der Vernunft, um in zwei Schritten zu einer moralischen Beurteilung zu gelangen: erstens, die Identifizierung der relevanten Fakten; zweitens, die Bewertung jener Fakten durch Bezugnahme auf objektive Moralprinzipien. Moralische Urteile kann man nur über wahrnehmbares Verhalten, nicht aber über psychologische Probleme fällen. Evaluativer Subjektivismus ist dann gegeben, wenn eine Person andere entweder nach Laune oder nach irrationalen Prinzipien beurteilt. Jede dieser Formen tendiert dazu, das Böse zu Lasten des Guten zu fördern. Moralische Inversion, moralische Neutralität und pauschale Verdammung missachten alle die Tugend der Gerechtigkeit. Weil was wirklich im Leben zählt, die Tugenden sind, die das Leben erhalten, soll man zuerst die Tugenden loben und unterstützen, und dann erst die Untugenden bekämpfen und austreiben. Vergebung kann legitim verdient werden, während das Gnade nie werden kann. Der Zweck und das Ergebnis des Egalitarismus sind, das Gute zu zerschlagen, indem die „völlig gleichgestellte“ Behandlung von jedermann, ohne Rücksicht auf ihre Tugenden oder Untugenden, ermutigt wird. [276]

 

 

Produktivität ist die Anpassung der Natur an den Menschen

 

Produktivität kann definiert werden als „der Prozess, durch den das Bewusstsein des Menschen seine Existenz kontrolliert, ein konstanter Prozess, Wissen zu erwerben und Materie zu formen, damit sie den eigenen Zwecken dient, einer Idee physische Form zu verleihen, die Erde in das Ebenbild seiner Werten umzuwandeln.“ Menschen sind eine von nur wenigen Spezies auf der Erde, die durch die Anpassung ihrer Umgebung an sich überleben; die übrigen Spezies müssen sich auf ihre Umgebung einstellen oder untergehen. Produktive Menschen erwerben Wissen nicht nur zum Vergnügen, sie verkörpern das Wissen in der physischen Welt zum definitiv praktischen Nutzen des menschlichen Überlebens. Produktivität integriert Verstand und Körper und widerlegt damit einmal mehr den archaischen Mythos der Geist-Körper-Dichotomie und seine menschlichen Archetypen, den Spiritisten und den Materialisten. Der von einem Menschen bewusst gewählte zentrale Lebenszweck definiert exakt seine abstrakten Werte und die ihnen zugehörigen konkrete Ziele und Aktionspläne, und erlauben es dieser Person, alle ihre Handlungen geschmeidig in ein rationales Ganzes zu integrieren. Auf diese Weise wird Zielstrebigkeit selbst zum obersten und vorherrschenden Wert. Produktive Arbeit ist die einzige Aktivität, die das richtige Verhältnis einer Person zum Denken, der Realität und Werten aufrechterhalten kann. Weder Sozialbeziehungen noch Freizeitaktivitäten können sie ersetzen. [292]

 

 

Stolz ist moralische Ambitioniertheit

 

Stolz kann definiert werden als „das Commitment, seine eigene moralische Perfektion dadurch zu erreichen, indem man sich nach dem Bilde seiner selbstgewählten Werte formt.“ Produktivität verlangt, dass eine Person externe Materie in das Abbild ihrer Werte umwandelt; Stolz verlangt, dass eine Person ihren eigenen Charakter in das Abbild ihrer Werte umwandelt. Das Commitment, moralische Perfektion zu erreichen, lässt sich letztlich auf das Commitment reduzieren, der Vernunft zu folgen. Die höchste Belohnung des Stolzes ist der Wert des Selbstwertgefühls, welches eine fundamentale, positive moralische Beurteilung seiner selbst ist – essenziell, eine Affirmation der zweifachen und untrennbaren Schlussfolgerungen, „ich bin in der Lage zu leben, und ich bin es wert zu leben.“ Ein Mensch, der seinen Selbstwert nach irrationalen Standards beurteilt, wird einen Konflikt zwischen den Erfordernissen seines Selbstwertgefühls und den Erfordernissen seines Lebens erfahren, und er wird wahrscheinlich ein angstgeplagter Ausweicher, bis er seine Fehler korrigiert. Die christlichen Mythen der „Erbsünde“ und des „Stolzes als Todsünde,“ machen jedes Streben nach moralischer Perfektion unmöglich. [303]

 

 

Die Initiierung physischer Gewalt ist böse

 

Rationalität erfordert die Ausübung des Willens, der die metaphysisch gegebene Fähigkeit der Vernunft ist. Menschen müssen Vernunft (und daher Willen) ausüben, um zu überleben. Weil Denken ein individueller und kein kollektiver Prozess ist, können verschiedene Personen zu verschiedenen Schlussfolgerungen darüber kommen, wie man leben soll. Zwei oder mehrere Leute, die in dieser Angelegenheit nicht übereinstimmen, haben nur drei Arten, den Streit zu lösen. Der erste ist einfach, getrennte Wege zu gehen; der zweite ist, überzeugende Argumentation zu verwenden; und der dritte, direkt physische Gewalt zu initiieren (oder ihre indirekte Version, den Betrug), welche das logische Denken des Opfers irrelevant und deshalb machtlos macht. Weil das individuelle Menschenleben der Wertmaßstab ist, und weil das logische Denken der Person und ihr Eigentum ihre angemessene Methode dafür sind, diesen Wert aufrechtzuerhalten, ist die Initiierung physischer Gewalt oder Betrug gegen die Person oder ihr Eigentum das grundlegende moralische Unrecht und Böse. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Schlussfolgerungen eines Individuums darüber, wie es sein Leben führen soll, letztlich als selbstzerstörerisch erweisen, weil es der exklusive Eigentümer seines Lebens ist und er alleine den Preis für seine eigenen Fehler bezahlt. [310]

Kapitel in Stichpunkten

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